Tag 5 - 19.08.2011 Freitag Zur Übersicht Bericht Zur Übersicht Madagaskar
Bootsfahrt auf dem Manambolo
Ich stehe am Ufer des Manambolo und schreibe. Unsere Sachen werden in die zwei Boote verstaut. Wir reisen mit Koffern (!), nur die Tagesrucksäcke haben wir noch am Mann. 6 Gassi sind damit beschäftigt, alles an den richtigen Platz zu verstauen. |
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6 Kinder schauen zu und kauen Zuckerrohr, das sie sich auf dem Weg vom Dorf zum Fluss am Wegrand mit einem großen Messer geschnitten hatten.
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Wir fahren. Besser wir rutschen über den Grund des Flusses, der sehr wenig Wasser führt. Er ist sehr breit und die Bootsführer steuern von links nach rechts, um das Boot am schwimmen zu halten. Die Sonne brennt, und wir hätten gut getan, jeden Körperteil mit Stoff zu bedecken. Zum Glück habe ich den brasilianischen Hut auf. Auf meinen Oberschenkel ruht die Kamera mit dem fetten Objektiv, um im Fall der Fälle einsatzbereit zu sein. Wir sind am linken Ufer und haben für zwei, drei Sekunden Schatten erwischt. Angenehm. Jetzt schaukelt das Boot recht stark, gut an der schlechten Schrift zu erkennen. Jedes Mal, wenn unser Bootsführer die Seite des Paddels wechselt, wackelt es. Im Schilf des Ufers singt es, doch Vögel sind nicht zu sehen und wenn, dann geht es zu schnell, um die Kamera auf das Objekt zu richten. |
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Auf der Mitte des Flusses, auf einer Sandbank, wächst Reis. Avana unser Reiseführer und der zweite Bootsführer fahren im Boot vor uns. Beunruhigend ist, dass der Bootsführer ständig Wasser aus dem Einbaum schöpft (unser Gepäck fährt im Einbaum). Ein Reiher fliegt auf, da ihm das Boot wohl zu nah kam. Endlich sind die ersten Vögel im „Kasten“. Davor war noch die Batterie alle, sodass diese Fotografiergelegenheit fast ungenutzt verstrichen wäre. |
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Wir sahen Frauen, die am Ufer Gold wuschen. Jetzt sind auch immer wieder Kinder zu sehen.
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Es gab eine Vielzahl von Motiven, Vögel, Kinder, eine Familie beim Picknick, jetzt ein Angler und im Hintergrund bizarre Sandsteinformationen. |
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Die Angler sind hier Frauen, Babulja wäre wohl sehr glücklich hier. Ein Madagasse am Ufer singt, laut. Unser Bootsführer steigt ab und zu aus und schiebt uns. Der Fluss wird nicht tiefer. Wir rutschen über den Grund. Der Sänger verkauft Bananen – Mitten im Fluss. Jetzt landen die Bananen auch dort und sind gewaschen. Wir werden mit „Salama“ von ihm begrüßt. |
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Wir sehen das erste Dorf auf unserer Flussfahrt. Doch davor wieder eine Schar „White faced Ducks“. Mal sehen, wie nah wir ran kommen. Für einige Fotos war es ausreichend. Vasil, unser Bootsführer, scheuchte sie dann auf, indem er mit seinem Paddel auf das Wasser schlug, damit auch noch einige Fotos im Flug gelingen.
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Wir haben das schnelle Ufer wieder erreicht, und die Strömung bringt uns zügig voran. Die Landschaft wird flacher, die Sandsteinformationen liegen hinter uns, unser zweites Boot ist schon sehr weit vor uns.
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Wir haben das erste Etappenziel, die Mittagspause erreicht. Gleich an der Biegung, wo die zwei Greifvögel im Fluss jagten und die Schildraben dies aufmerksam von einem Baum am Ufer das verfolgten.
Unser Mittagshalt |
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Da keine weiteren Vögel in der Nähe waren, was sofort an den sich auf uns stürzenden Mücken erklärbar war, genossen wir den Schatten eines Mangobaumes, aus dessen Stämmen auch unser Boot gefertigt wurde. Es fiel genug Licht auf das Tagebuch. |
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Black-winged Stilt - Stelzenläufer (Himantopus himantopus) |
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Ich hatte die Sonne und die Mücken unterschätzt und kurze Hosen an. Die Verlängerung der Hose kramte ich aus dem Koffer hervor, nachdem ich mich ordentlich biochemisch behandelt hatte. Unsere Bootsführer und Köche hatten schnell ein Feuer entfacht, wuschen unser Geschirr im Fluss (ob das gut geht, Toma vergeht schon der Appetit und trotzdem isst sie mehr als ich).
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Die Hühner, die während der Fahrt immer die Position des anderen Bootes angegeben hatten, in dem sie Federn auf dem Fluss zurückließen, waren nicht mehr zu hören. Toma beschwert sich einzeln über jedes Lebensmittel. (Reis war in den Sand gefallen als wir ihn bei der Abfahrt verluden.) Besser hätte sie sich etwas weiter weg gesetzt. Aber sie tut dies eigentlich nur, da sie nicht selber kochen darf. Und im Fernsehen läuft auch keine Kochsendung. Das Programm, das jeden Abend läuft, ist am ehesten mit der Serie “Bauer sucht Frau“ zu vergleichen. Ich liege ganz entspannt auf dem Rücken, der Mangobaum über mir, durch dessen Blattlücken ab und zu die Milane zu sehen sind. Es könnte so schön sein. Aber mein Sonnenschutz ist nicht stark genug (meint die Frau), die Ohren habe ich nicht mit Mückenspray benetzt (meint die Frau), einen Zettel soll ich aus meinem Notizblock reißen (wünscht die Frau) und jetzt vernehme ich einen krächzend gurgelnden Laut, ob es das letzte Lebenszeichen ist? (die Frau bat hinzuzufügen: der Hühner) Ich hätte mir die Ohren doch einsprühen sollen. (vielleicht wäre es ausgehärtet, und ich hätte ganz schlecht gehört) Der Urlaub ist Spitze, man muss es nur mögen. Ich mag es. Bloß die Mücken hätten Toma stechen können, nicht mich. Das Essen kommt. Es war vorzüglich Reis, Rindfleisch, Tomaten und Bananen zum Dessert und Coca Cola. Unsere Fahrt wird drei Tage dauern, flussabwärts. Zurück benötigen die Jungs dann 5. Sie sind etwa 18 Jahre alt und schon völlig selbständig. Es ist 14 Uhr und Wind kommt auf. Die Mangoblätter wirbeln durch die Luft. In unser Blickfeld hat sich ein Reiher geschlichen. Wir sind abfahrbereit. Toma hat zuviel gegessen Das Gehirn hat sie wieder einmal betrogen. Sie bereut schon wieder, dass es ihr so gut geschmeckt hat. Aber erst nörgeln. Auch die Hühner leben noch. Sie werden verladen. Vielleicht sind sie noch nicht zu Ende gerupft. |
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Am Nachmittag wiederholen sich die Motive: | |
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Direkt am Flussufer wird Reis gezogen. Die Strohhütte wird weggespült, wenn die Regenzeit kommt und der Fluß um einige Meter ansteigt. |
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Witwenpfeifgänse, die Avana als Weißkopfenten bezeichnete. Hier noch mehr davon. |
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Die Sonne war bereits untergegangen, die Weißkopfenten saßen friedlich auf ihrer Sandbank, gerade noch zog eine Familie vom rechten Flussufer mit dem gesamten Hausrat und einer Herde Zebus auf die Linke Seite des Manambolos, als wir anlandeten.
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Es war der perfekte Platz für eine Nacht unter dem Himmel von Afrika. Eine Sandbank in der Größe eines Hektars diente uns als Nachtquartier. Wir entluden die Boote, Vasil suchte Schwemmholz und entfachte ein Feuer, Avana baute das Zelt auf. Es war bereits dunkel, als dies alles erledigt war.
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Über uns leuchteten die Sterne und mit jeder Minute wurden es mehr und die Milchstraße begann sich vom Süden nach Norden direkt in der Mitte über uns auf das schwarze Leinentuch der Himmelsstaffelei abzuzeichnen. Avana zündete eine Kerze an, die er dann in eine Lampe stellte, die aus Aluminium leerer Büchsen und zurechtgeschnittenen Glasscheiben von einem lokalem Meister gefertigt worden waren und einen Ehrenplatz in unserem Booten hatten, einen großen Styroporkarton, damit sie nicht kaputt gingen. Wir bezogen unser Hotelzimmer, ausgestattet mit Isomatten und Schlafsack und legten uns danach mit dem Rücken auf den Tisch und schauten auf zu den Millionen Sonnen, zu den zahllosen Galaxien.
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Wir schauten nach oben als zwei unendlich kleine Punkte in diesem riesigen All. Mir kam es vor, wie schnell auch unsere Gedanken an das Ende diese Raumes fliegen können, sie könnten es nicht erreichen und schon gar nicht von dort zurückkehren. Es ist bestimmt diese Gefühl, diese Momente, die man mit Visa- und Mastercard nicht bezahlen kann, die nicht auf einem Foto abbildbar sind, die nur unsere Seele (falls es diese gibt) in sich aufnehmen kann, vergleichbar nur mit ähnlichen Momenten, zum Beispiel den im Himalaya auf 4700 Metern, wo wir einen ebenso schönen Himmel sahen. So lagen wir da, 6 Tage entfernt von Deutschland, wo der Himmel für ewig im Dreck der Zivilisation verschwunden ist, untergegangen mit der elektronischen Beleuchtung, einfach ausgeknipst. Wir hatten kein Boot gesehen, kein Auto nur Menschen, die angelten, fischten, Zebus hüteten, Reis anbauten, Feuer machten und in der Nacht unter freiem Himmel schliefen, nah am Feuer.
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