Mantra O Mani Peme Hung                                  

Mantras sind Anrufungsformeln in der Meditation, mit deren Hilfe häufig versucht wird, bestimmte Gottheiten in der Meditation zu visualisieren. Thangkas können dabei insofern wertvolle Hilfe leisten, als sie dem Meditierenden bildhaft und konkret vor Augen führen, welche Gottheit(en) zentraler Bestandteil der Geistesübung ist/sind. Es gibt allerdings auch sog. "Imaginationsthangkas", bei denen die Gottheit(en) nicht tatsächlich dargestellt ist/sind, statt dessen sind nur ihre Attribute (Kleidung, Objekte u.ä.) oder sogar nur die ihnen zugeordneten Mantras auf dem Rollbild zu finden. Hier steht der Meditierende wieder vor einer größeren Hürde bei seiner Visualisierungspraxis.

Ein Mantra ist eine kraftgeladene Silbe oder Folge von Silben, die bestimmten kosmischen Kräften und Aspekten der Buddhas Ausdruck gibt, manchmal auch der Name eines Buddha. Als Form der Meditation wird die ständige Wiederholung von Mantras in vielen buddhistischen Schulen geübt. Im Tibetischen Buddhismus spielt sie jedoch eine besondere Rolle. Hier ist Mantra als ein Hilfsmittel definiert, das den Geist schützt. In der durch die spirituelle Praxis herbeigeführten Umwandlung von "Körper, Rede, Geist" ist das Mantra der Rede zugeordnet und seine Aufgabe liegt in der Sublimierung der Schwingungen, die im Akt des Sprechens freigesetzt werden. Das Rezitieren des Mantras vollzieht sich immer in Verbindung mit detaillierten Visualisationen und bestimmten vorgeschriebenen Körperhaltungen.

In der tibetischen Überlieferung wird die Funktion der Mantras in den einzelnen Klassen der Tantras unterschiedlich definiert. Beim Rezitieren wird z. B. die Sammlung auf die heilige Schriftform der Silben von der Sammlung auf deren Klang unterschieden. Konzentriert sich der Meditierende auf die Form des Mantras, so können die Schriftzeichen für die Silben im Raum vor ihm oder im eigenen Körper visualisiert werden. Im Fall der Konzentration auf den Klang des Mantras kann das Rezitieren in einem tatsächlichen Aussprechen des Mantras bestehen oder auch nur in einer gedanklichen Vorstellung des Klanges.

Das wohl bekannteste Mantra lautet:
OM MANI PEME HUNG

"OM MANI PEME HUNG" steht für die Zusammenfassung der 84.000 Lehrreden des Buddha. Es ist die Essenz aller Tathagata (die Qualitäten der Erleuchteten Wesen), aller Mantras (Gebete oder Hymnen) und aller Tantras (Buddhistische Mystik und Ritual). Es ist die Quelle allen Wissens und aller Errungenschaft.

"OM" repräsentiert den gereinigten Körper, Rede und Geist
(Buddhas Körper, Rede und Geist).
"MANI" repräsentiert sein Juwel.

"PEME" repräsentiert die Lotusblüte (die Lotusblüte wächst aus dem Schlamm, aber kein Schlamm verunreinigt den Lotus, ebenso wurde Buddha in diese unreine, samsarische Welt geboren, aber hatte nicht einen einzigen Makel [karmische Unreinheit oder Sünde] oder Unreinheit).

"HUNG" repräsentiert den Wunsch, ein starkes Herz zu entwickeln.

Dieses Mantra hat sehr besondere Qualitäten, wie das tibetische Sprichwort sagt: Es ist leicht zu lernen - selbst ein Kind kann es lernen! Du solltest nicht stolzerfüllt sein, es zu wissen! Man kann es nicht vergessen!

Neben dieser tibetischen Form gibt es noch die Sanskrit-Form: "OM MANI PADME HUM", die inhaltlich die gleiche Bedeutung besitzt.

Man findet dieses Mantra zu Hunderttausenden auf sog. Mani-Steinen eingemeißelt. Diese Steine werden im Himalaya zu teilweise kilomenterlange Mauern aufgeschichtet. Die Gläubigen gehen davon aus, daß beim Passieren dieser Steinmauern die Mantras zum Himmel gesendet werden. Ähnlich verhält es sich mit den Gebetsmühlen, in denen sich teilweise mehr als hunderttausend dieser Gebete auf Papier geschrieben befinden und beim Drehen der Gebetsmühle ihre Wirkung entfalten.