Via Alpina 14.07. 2021 3. Tag
Stein - Pfunders
Da war doch noch etwas? Oder hat der erste Tag schon alles gebracht, wofür wir in die Berge gehen? Das da noch etwas war, daran wurden wir heute erinnert, und es war nicht nur etwas, es war eine ganze Menge. Und jetzt im Gasthof Brugger sitzend, ein Dach über ‘m Kopf haben und auf das Abendbrot warten, dass wir gerade bestellt haben, ist heute schon das höchste der Gefühle. Wenn bei der gestrigen 4 Stunden-Wanderung alles ideal verlief, so wurden wir heute daran erinnert, wie es auch anders sein kann. Wir standen zeitig auf, erschienen Punkt 7 Uhr zum Frühstück und verließen kurz nach halb Acht das Gasthaus Stein und den Ort Stein. Es hatte die ganze Nacht geregnet und gewittert, aber am Horizont ließ sich schon der blaue Himmel blicken, die Nebelschwaden zogen durch das Tal und die Berge, die den Talabschluss bilden waren auf den Gipfeln und Graten verzuckert, in der Nacht war Schnee gefallen. Es sah also nach einem schönen Tag aus, da auch das Wetter besser sein sollte als gestern und gestern war es ja schon optimal (zumindest während unserer Wanderung). Frohen Mutes gingen wir den schweren Tag an, denn laut Beschreibung sollten es heute zwei Gestern werden, also mehr als doppelte Wanderzeit, 1100 Höhenmeter und viele, viele Meter bergab. Während die Wolkenfetzen mit uns gemeinsam talaufwärts streben, absolvierten wir die ersten Meter bis der Waldweg, eine Abkürzung, begann. Hier konnte man schon erahnen, dass es heute nicht einfach würde. Im Gegensatz zu unserer letzten Tour lagen viele umgefallen Bäume auf dem Weg und wir mussten darüber klettern oder die Bäume weiträumig umgehen. Das Gras war nass und der Weg war oft mehr Bach als Weg, da von allen Seiten das Wasser auf den Weg lief und dies dann den Weg entlang, bis es einen Ablauf fand. Die Schuhe hatten einiges auszuhalten. Jetzt stehen sie im Trockenraum und drücken wir die Daumen, dass wir sie morgen wieder trocken anziehen können. Der erste Höhepunkt war die Überquerung der Brücke, die über einen gut gefüllten, schäumenden Bergfluss führte. Der Regen hatte ihn kräftig angefüllt. Dann kamen wir zu der eingefallenen Schäfersiedlung, wo die Natur dabei war, wieder vollständig die Kontrolle zu übernehmen. Nach erneuter Überquerung des Flusses ging es rechts bergauf und dass noch 800 Höhenmeter. Nach etwa 3 Stunden kontinuierlichen Laufen begann sich mein Kopf zu melden und ich dachte, ich hätte Probleme mit dem Gleichgewichtssinn. Wahrscheinlich war ich unterzuckert. Wir machten Pause und aßen etwas. Währenddessen begann es zu tropfen und von der Scharte, die wir schon sehen konnten, kamen uns schon die Regenwolken entgegen. Auf der gegenüberliegenden Bergseite war noch die Sonne zu sehen. Als die ersten Tropfen fielen, legten wir die Regenpelle an. Noch sahen die Wolkenschwaden recht harmlos aus. Als es aber dann donnerte und das recht laut, nahmen wir die Beine in die Hand und stiegen den Rest bis zur Scharte zügig auf. Das Gewitter schien fast über uns zu stehen, der Donner war ohrenbetäubend laut. Wir erreichten die Scharte und befanden uns im dichten Wassernebel der Wolken. Wir konnten noch den Wegweiser erahnen, an Aussicht war nicht zu denken. Jetzt, als wir aus dem Windschatten herausgetreten waren, blies der Wind auch kräftig. Nicht kräftig genug, um die Wolken zu vertreiben. Wir mussten den Abstieg finden. Auf der Scharte lag ein großes Schneefeld, dass alle Wege und Spuren unter sich begraben hatte. Wo geht es runter? Ein 50 Meter großes Schneeband lag zwischen uns und dem Weiterweg. Doch dem nicht genug, sehen konnte man gerade mal 10 - 15 Meter weit und dass nur wenn der Wind die Wolken zerstieb. Wir suchten nach Spuren im Schnee, denn vor uns waren ja schon einige Wanderer gegangen und sie hatten das Schneefelder ja auch passieren müssen. Wir fanden ein paar Abdrücke von Bergschuhen und folgten ihnen 10 Meter, dann waren sie weg und wir mitten auf dem Schneefeld, dass in Richtung Abstieg sich neigte und ganz schnell zur Rutschbahn werden konnte. Endlich sahen wir eine Markierung auf der anderen Seite und kurz danach wurde auch der Weg sichtbar. Der einen Gefahr entronnen, öffnete jetzt Petrus alle seine Schleusen, nicht nur Regen prasselte auf uns ein, sondern bohnengroße Hagelkörner trommelten auf unsere Regenkleidung nieder. Die Geräuschkulisse war angsterregend. Das Trommeln der Hagelkörner auf den Kopf, vom Wind noch beschleunigt, das Donnern, dass sich an jedem der uns umgebenden Berge brach und wieder auf uns zurückrollte, der stürmische Wind, der in jede offene Ritze eindrang und um und in unseren Ohren pfiff, es war schwer zu sagen, was am beunruhigsten war. Ich hatte nur meine Regenjacke angezogen und meine Hosen waren nach wenigen Minuten glitsch nass, der Wind tat sein Übriges und schlackerte sie mir um die Beine, die zu frieren begannen. Wir kamen gut voran oder besser die Situation trieb uns vorwärts. Als wir an dem Bergsee unterhalb der Gliederscharte ankamen, hörte es langsam auf zu regnen. Kleine Pause, ich kramte den Fotoapparat wieder hervor und machte ein paar Bilder von See mit Schnee und Eis. Der Himmel sah immer noch ungemütlich aus, doch bis zur oberen Eggeralm waren es nur 40 Minuten im Abstieg. Die Landschaft war aber überwältigend, wenn man sie denn genießen konnte. Kurzzeitig lugte auch die Sonne mal aus den Wolken hervor und wir begannen schon, das Erlebte der letzten Stunde zu verdrängen. Auf der Alm holte ich meine Drohne raus und machte ein kurzes Video. Noch 1 Stunde 20 bis nach Dun und von dort 1. 20 Stunde nach Pfunders, dem Tagesziel. Doch da war noch was. Auf dem Weg standen plötzlich Kühe, Tomas absolute Lieblingstiere. Kurz entschlossen kroch sie unter den Elektrozaun auf die Weide (wo keine Kühe waren) und umging sie, um dann wieder über den Zaun zurück auf den Weg zu steigen. Kaum hatten wir dies verarbeitet, tropfte es wieder und alles zog zu. Also schnell wieder einkleiden, diesmal vollständig. Zum Umziehen hatten wir uns einen Fels Vorsprung gleich nach einer Brücke ausgesucht. Und das war gut so, denn es begann richtig zu schütten und dann blitze und donnerte es auch noch, fast gleichzeitig, man könnte nicht mal bis zwei zählen nach dem Blitz und schon war der Donner da, das heißt, das Gewitter war direkt über uns, aber definitiv in unserem Tal. Der Fluss, der schon mächtig angeschwollen war, bullerte durch die Brücke und versuchte mit seinem Getöse den Donner zu übertönen. Ein Höllenlärm und wieder Hagel, doch den warteten wir unter dem Felsvorsprung ab. Da wir ja nicht ewig warten konnten, es waren noch 5-7 Kilometer zu gehen, mussten wir dann als der Hagel wieder in Dauerregen übergegangen war, losgehen. Bergab, die Beine schmerzen, bei Toma das Knie, auf der Fußsohle begann sich eine Blase zu entwickeln, doch die nassen Strümpfe wechseln war jetzt auch keine Alternative, denn bevor ich sie angezogen hätte, wären auch sie nass. Also aushalten und bergab. An der Stelle an der wir vor vier Jahren ins Taxi gestiegen waren, war das reinste Schilderchaos. Da Toma keine Asphaltstraße laufen wollte, gingen wir Weg 13 bis nach Pfunders und das noch einmal 1 Stunde 20 Minuten immer im Regen. Die Regenhosen waren auch nicht dicht und irgendwie lief es rein und wieder waren die Hosen nass und die Beine kalt. Wir gaben schon keine große Obacht mehr, wohin wir traten, denn alles war gut nass. Kurz vor 17 Uhr erreichten wir nach 9 1/4 Stunden, den Gasthof Brügge, checkten ein und stellten im Zimmer fest, dass der Regenschutz des Rucksacks nicht dichtgehalten hat. Fast alle Sachen mussten / müssen wir trocknen. Aber es gab eine heiße Dusche und Toma konnte gar nicht aufhören. Die Wirtsleute sagten, als sie hörten, dass wir morgen zu Chemnitzer Hütte wollten, dass dies zu weit ist, und wir dies nicht schaffen. Toma war fertig mit der Welt. Wir organisierten ein Taxi für morgen früh, das uns einige Höhenmeter hinaufschafft. Der letzte Schreck kam, als ich die Mail schrieb, also die AK und das Handy sagte, dass es sich jetzt abschalte. Und so tat es es auch und nach dem kurzen Aufladen und hochfahren, war mir meine PIN entfallen, da ich einen neuen Vertrag seit kurzem habe. Bingo!!!!!! 2 Fehlersuche und ein verzweifeltes Nachdenken, wie ich an die PIN komme. Letztendlich rief ich beim Provider an und konnte es wieder entsperren. Da war noch was, richtig? Richtig!